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„Es war nie der ‚Schock‘ in Kulturschock“

Juni 8th, 2016 · written by Benedict Witzenberger · Keine Kommentare

Die Kinder aus Projekt II im Sommer 2016 mit Lea (l.) und Kira (r.)

Die Kinder aus Projekt II im Sommer 2016 mit Lea (l.) und Kira (r.)

Neun Monate waren Lea Paetzold und Kira Störmann (beide 19) Weltwärts-Freiwillige bei Gyan Shenbakkam. Jetzt reisen sie zurück nach Deutschland, blicken allerdings zuvor noch einmal zurück auf die Eindrücke und Erlebnisse in Indien und die Veränderungen im Projekt.

Neun Monate wart ihr hier, jetzt ist es vorbei. Was geht euch gerade durch den Kopf?

Kira: Es ist gemischt. Es war eine schöne Zeit und es ist krass, die Schüler wahrscheinlich nie wieder zu sehen. Und auch nicht zu wissen, wie das bei denen weiterlaufen wird. Von der Familie hier Abschied zu nehmen wird nochmal hart und da werden Tränen fließen. Aber klar, ich freue mich auch schon auf zuhause.

Lea: Ich freue mich momentan total auf zuhause. Ich glaube, erst dort werde ich richtig realisieren, was fehlt, dass ich Leute vermissen werde und merke, dass die einem doch sehr ans Herz gewachsen sind.

Was wird dir konkret fehlen?

Lea: Im Moment ist es nervig, dass man die Aufmerksamkeit von allen kriegt. Aber ich glaube, das wird mir zuhause fehlen. Hier grinsen alle auf der Straße, weil sie gut gelaunt und freundlich sind und fragen wollen, wie es einem geht. Und sich irgendwie für den Anderen interessieren. Auch die Kinder werden mir fehlen, die immer mehr wissen wollten, immer fleißig gelernt haben und so anstandslos alles gemacht haben. Natürlich waren sie ab und zu laut, aber das ist ja normal. Insgesamt waren die einfach mega süß.

Kira: Das hat wirklich sehr viel Spaß gemacht, die zu unterrichten. Auch diese herzlichen Begrüßungen werden mir fehlen. Jeden Morgen, wenn wir zu Manjula gehen, unserer „Head of Trust“, und sie und mit einem Grinsen fragt, ob wir einen „sweet“ oder „salty“ Dosa zum Frühstück essen wollen. Das war sehr schön.

Was waren eure Erwartungen am Anfang? Gab’s den Kulturschock?

Kira: Schwer war’s in der zweiten Woche, als wir hier alle krank auf dünnen Matratzen auf dem Boden lagen. Da hab‘ ich mir gedacht: „Was machen wir hier?“. Die Erwartungen wurden in der Vorbereitung aber niedrig geschraubt, was auch gut war: „Geht offen an die Sache ran“, hieß es dort. Ich hab‘ am Anfang nicht realisiert, dass ich hier bin – wie ich auch jetzt nicht realisiere, dass ich nachhause fahren werde. Nach ’ner Zeit war man so angekommen.

Lea: Ich hatte erwartet, dass ich total den Kulturschock habe. Ich war anfangs auch von allem überfordert, aber in einem positiven Sinne. An jedem Tag kamen unglaublich viele neue Eindrücke – aber nur positive. Man war nie komplett überfordert, und wurde freundlich aufgenommen, das hat es mir leicht gemacht. Es war also nie der „Schock“ in „Kulturschock“.

Wie waren eure ersten Erfahrungen im Projekt „Gyan Shenbakkam“?

Kira: Am Anfang waren die Kinder nach ihren Klassenstufen, hier heißt das „Standards“, eingeteilt. Und hatten jeweils nur zweimal die Woche Unterricht. Wir haben schnell gemerkt, dass das nicht so ganz funktioniert und wir nach dem Sprachlevel einteilen müssen. Die Kinder waren so unterschiedlich. In einer meiner Gruppen waren zum Beispiel eine, die super gut war, und Andere, die nicht einmal das ABC konnten.

Lea: Danach haben wir einen Test gemacht in Lesen, Reden und Schreiben. Dadurch haben wir die Kinder in Gruppen eingeteilt, die so groß waren, dass sie jeden Tag unterrichtet werden konnten.

Kira: Zwei Wochen, nachdem wir hier angekommen sind, kam dann noch der Kindergarten dazu. Am Anfang waren wir jeden Tag da, saßen die kompletten drei Stunden da. Aber die Kinder hatten Angst vor uns. Es gab einen, der hat immer geweint, wenn wir reinkamen und vor ihm standen: weiß und groß. Der kleine Bruder hat mitgeheult und sobald zwei geheult haben, haben alle geheult. Wir haben das dann geändert und sind nur zweimal die Woche für 30 Minuten hingegangen. Dann haben wir zum Beispiel Formen, wie Wolken oder die Sonne, an die Tafel gemalt und den Kindern die englischen Begriffe erklärt.

Was habt ihr sonst noch im Projekt gemacht?

Kira: Seit Februar haben wir auch Computerunterricht und Hometuition gemacht. Das gab’s früher schon mal, da haben wir Zettel gefunden. Da haben wir uns gesagt: Das wollen wir wieder starten. Hometuition ist nachmittags eine zusätzliche Stunde, in der die tamilischen Lehrer den Schülern in allen Fächern Nachhilfe geben.

Lea: Außerdem haben wir Lehrpläne erstellt, die den nächsten Freiwilligen hoffentlich helfen.

Was ist jetzt euer Plan für die Zukunft?

Kira: Ich werde mal schauen, was ich studieren werde. Psychologie steht momentan ganz vorne. Dann will ich nochmal mit meiner Familie reisen, meine Freund und meinen Freund wiedersehen und arbeiten, um ein bisschen Geld zu verdienen.

Lea: Erstmal arbeiten, ja, und dann auch studieren im Oktober. Wahrscheinlich Jura. Ansonsten haben wir im September ja auch noch unser Nachbereitungsseminar. Darauf freue ich mich schon. Sich nach einer so langen Zeit nochmal auszutauschen, wenn man das Ganze dann nochmal in Deutschland reflektiert hat.

Was werdet ihr aus Indien mitnehmen?

Kira: Viele Erfahrungen in ganz, ganz, ganz vielen verschiedenen Bereichen. In den Momenten, in denen man zusammengebrochen ist und einfach nicht mehr konnte, musste man sich selber raus helfen. Und das werde ich mitnehmen: Dass wir das hingekriegt haben, uns selbst da rausgeholfen haben. Ohne Mama und Papa als Unterstützung. Bei mir kommt noch der Fuß dazu: Den habe ich mit hier gebrochen und mit Krücken in Indien rumzulaufen war sehr interessante Erfahrung. Und natürlich Bilder, die in Gedanken bleiben werden: Zum Beispiel der Palast von Mysore bei Nacht, wenn er bestrahlt ist. Die großen Seen in Udaipur. Die Teeplantagen in Munnar. Ganz viele verschiedene Bilder und Landschaften, die Indien einfach wunderschön machen.

Lea: Ich hab‘ das Leben in Deutschland zu schätzen gelernt. Es sind so Kleinigkeiten: Wasser kommt in der Dusche von oben und nicht aus einem Eimer, das Bett ist bequem. Das sind Sachen, die weiß man nicht zu schätzen. Aber wenn man neun Monate in Indien gelebt hat, dann tut man’s. Und: In Indien funktioniert alles irgendwie. Mal dauert‘s einen Tag, ’ne Woche, einen Monat. Aber irgendwann funktioniert‘s doch. Das war einerseits unglaublich nervenaufreibend, aber auch lehrreich. Geduld habe ich in Indien gelernt. Es ist andererseits auch einfach zu heiß, um bestimmte Sachen schnell zu machen.

Benedict Witzenberger

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