Unser Praktikant hat sich eingelebt, und er beschreibt den Schulalltag in Shenbakkam.
Morning tution. Alle sitzen im Kreis zusammen, im Schneidersitz (für mich eher eine Dehnübung als bequemes Sitzen) und schauen auf ein Blatt Papier. Darauf habe ich einen Stuhl gemalt, darunter eine Blume. Ich frage: „Where is the flower?“ Eine Schülerin: „The chair is under the flower.“ Die anderen plappern es nach, reden durcheinander, warten gespannt, ob es richtig ist. Leider falsch. „The flower is under the chair.“ Kleiner Trost: immerhin ist „under“ die richtige Präposition. Ich schreibe das tamilische Wort neben „under“, denn nicht alle in der Runde scheinen es verstanden zu haben.
Nach gut fünf Minuten ist die Konzentration der Schüler dahin. Ich bekomme zugeraunt, dass sie lieber „I pack my suitcase“ spielen wollen, eine gute Kombi aus Gedächtnis- und Vokabeltraining. Ich: „Maybe later…“ und es geht weiter mit „beside“, „in front of“, „on“ und „behind“. Nach zehn Minuten gebe ich mich geschlagen. Wir spielen das Kofferpackspiel. Meine Worte „aber morgen Wiederholung“ gehen unter.
In meinem Berufsleben habe ich schon eins, zwei Kommunikationsseminare besucht. In Shenbakkam in der Schule bringen sie mich nur bedingt weiter. Es ist laut, Kinder springen auf, kommen und gehen, sie meinen es sicherlich nicht böse, sie sind es vielleicht nur anders gewohnt. An manchen Tagen ist es schwierig die Kids zu bändigen. Aber eines ist sicher: Das Stöckchen, das tamilische Lehrer benutzen, bleibt liegen.
Als Nicht-Pädagoge ist es gar nicht so einfach, tamilischen Kindern, die ganz andere Lernmethoden kennen, englische Grammatik zu vermitteln. Charly und Lara, die beiden Langzeit-Freiwilligen, haben mich vorgewarnt: Der Unterricht erfordert viel Flexibilität. Wir haben die Schüler in kleine Gruppen aufgeteilt, so dass der Betreuungsschlüssel (3 Freiwillige und Apitha als tamilische Lehrerin) besser ist. Doch mit der Anwesenheit fängt es schon an. Mal kommt eine Hochzeit dazwischen, Fieber ist auch ganz schön verbreitet. Vor allem an Tagen, an denen es an der Schule eine amtlich vorgeschriebene Impfung für die Kinder gibt. Dann fehlt mal eben der Großteil. Einige Kinder werden zu Hause schon im Haushalt eingebunden und müssen helfen. Auch dann fehlen sie. Zudem neigt sich das Schuljahr dem Ende entgegen, viele haben ihre Prüfungen im Kopf.
Und somit sind es wieder kleine Schritte, die zum Erfolg führen. Nach einer Woche sind wir mit den Präpositionen durch. Ein kleiner Test am Ende der Woche ist gar nicht so schlecht ausgefallen.
Es ist Sommer geworden. Von einem Tag auf den anderen waren es nicht mehr 30 Grad Celsius im Schatten, sondern 36/37 Grad Celsius. Das Leben kommt mittags quasi zum Erliegen. Ganz schön hart unter diesen Umständen Leistungen zu bringen, denke ich mir häufiger. Deshalb fungiert die Nachmittags-Tution mehr als Jugendtreff, bei dem auch Englisch gesprochen werden kann. Meist verpacken wir das in Spielchen. Ich habe einige deutsche Methoden versucht, aber bin gescheitert. Hatte einen Lernfilm gefunden, in dem die Körperteile anschaulich erklärt werden. danach wurde abgefragt, wer was verstanden hat. Sie waren nicht schlecht, aber mit der Methode kamen die Kids leider nicht klar. Auch nicht mit einer Spielszene: auf dem fruit market in verteilten Rollen Dialoge spielen, ist nicht so aufgegangen wie geplant. Egal. Also habe ich mich eher für den Frontalunterricht mit Kreide und Tafel entschieden. Das funktioniert. Auf Abschreiben sind die Kids trainiert. Ich denke, am Ende macht es die gesunde Mischung verschiedener Methoden.
Für Lara und Charly sind es die letzten Unterrichtstage. Sie haben noch ein wenig Urlaub und reisen bald ab. Die special class am Freitag haben die beiden genutzt, um ein Lied einzustudieren. Mehr dazu im nächsten Beitrag.
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